Über die Wandlung eines Hundegegners zum Hundefreund Da sitze ich nun an einem schönen Sommerabend in meinem Büro und ärgere mich darüber, dass meine Mitarbeiter nicht bemerkt haben, dass man mir über das Wochenende eines unserer Autos - in diesem Fall mein eigenes - aus der Tiefgarage unseres Firmengebäudes gestohlen hat. Bedauerlicherweise befanden sich in diesem Auto auch ein Teil meiner privaten Visitenkarten. In den Folgetagen erlebten wir in der Familie einige unliebsame Erlebnisse auf unserem Grundstück. Die Sorge um unser Wohlergehen brachte die verschiedensten Ergebnisse zu Tage. In meinem Kopf bildete sich auf wundersame Weise eine Lösung, die ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. Meine Gedanken kreisten um einen Vorfall, der gut ein Jahr zurück lag. Ich glaubte, nur ein Hund könne uns zukünftig die Sicherheit geben, die wir nach diesem Diebstahl-Erlebnis dringend für geboten hielten. Mein Vorschlag wurde mit ungläubigem Staunen quittiert. Meine Einstellung zu Hunden war bekannt. Die Vorstellung, dass so ein „stinkender Köter“ mich belecken würde oder auf den kostbaren Ledersitzen meines Autos Platz nehmen könnte sowie unser bis zu diesem Tage nahezu antiseptisches Haus bevölkern würde, stand im diametralen Verhältnis zu meinen Gedanken. Letztendlich kann man aber bei mir nie sicher sein, welche Gedanken und Wünsche sich denn in der nächsten Sekunde entwickeln. Nun zurück zu meinen Gedanken. Ich sah vor meinem geistigen Auge einen großen Hund, natürlich mit furchteinflößender Optik. Freunde von uns, stolze Besitzer eines Rhodesian Rideback namens Paul, besuchten uns häufig und meine Frau Eva war ganz begeistert von dieser Rasse. Meine Gedanken kehrten jedoch immer wieder zurück zu diesem ein Jahr alten Vorgang. Eine Mitarbeiterin hatte ohne meine Genehmigung einen großen schwarzen Hund mit in die Firma gebracht, dessen Eigentümer plötzlich ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Schnell wich meine Verärgerung einer tiefen Bewunderung für dieses Tier. Da alle Dinge bei mir sehr schnell umgesetzt werden und ich nach dem Grundsatz lebe „Wünsche muß man sich erfüllen, dann hat man den Kopf frei für andere Dinge“, suchte ich nach Züchtern im Internet. Ich wurde sehr schnell fündig und machte mit dem von mir ausgesuchten Züchter einen Termin. Ich teilte meiner Frau Eva den Termin mit, die natürlich über die Schnelligkeit erstaunt war. Wir fuhren abends gemeinsam voller Erwartung zu unserem Termin. Da Eva die Rasse des Bouviers nicht kannte, versuchte sie mich während der Fahrt von der Schönheit und den Vorzügen des Rhodesian Rideback zu überzeugen. Zwischenzeitlich erreichten wir unser Ziel. Name und Ort unseres Zieles verschweige ich hier bewusst, denn ich möchte diesem Züchter nicht schaden. Die Frau des Züchters öffnete uns freundlich die Tür und vermittelte mir augenblicklich einen hochgradig unsympathischen Eindruck. Dieser Eindruck übertrug sich auch wohl auf die zu besichtigten Hunde und wir fuhren unverrichtigter Dinge etwas mürrisch nach Hause. Eva hatte zumindest einmal Kontakt zu einem Bouvier und ich merkte, dass dieser auch bei ihr Spuren hinterlassen hatte. Da sie aber seinerzeit nicht meinen Bouvier gesehen hatte, konnte sie meine Enttäuschung nicht teilen. Vor meinem geistigen Auge tauchte immer wieder dieses Prachtexemplar von einem Hund auf. Der weitere Verlauf dieses Abends war vorprogrammiert. Ich verbrachte ihn am Computer und suchte nach Züchtern. Einer dieser Züchter saß gut 500 KM von uns entfernt. Nach Terminabsprache mit diesem, fand ich noch zwei weitere Züchter, die sich in meiner unmittelbaren Umgebung befanden. Der soeben ausgemachte Termin wurde wieder abgesagt. Unbemerkt von Eva vereinbarte ich einen Termin für den nächsten Tag mit einem Züchter in der Nähe, auch hier lasse ich den Ort aus den schon genannten Gründen weg. Der Termin war auf 13.00 Uhr festgesetzt. Um pünktlich zu sein, verließ ich mein Büro rechtzeitig und rief den Züchter noch einmal über mein Handy an, um mein Kommen zu bestätigen. In diesem Telefonat stellte ich die Frage, ob man diese Rasse auch kurzfristig in einem Zwinger halten könne. Hiermit hatte ich unwissend eine furchtbare Reaktion ausgelöst.
Da ich nun einmal im Wagen saß und ich mir noch eine weitere Telefonnummer eines Züchters notiert hatte, rief ich diesen Anschluss an und bekam auch sofort den Termin. Dieser Züchter hatte seinen Wohnsitz in Hünxe bei Dinslaken. Meine Frage nach einem Welpen männlichen Geschlecht wurde bejaht und Zeit hatte die Dame auch. Also lenkte ich meinen Wagen nach Hünxe. Nach dreißig Minuten Fahrtzeit stand ich vor einem Einfamilienhaus und betätigte den Klingelknopf namens Hoffmann. Eine nette freundliche Dame, Ende dreißig öffnete mir die Tür und mutmaßte, dass ich der ausgemachte Termin sei. Wir kamen sofort zum Thema Hund und gingen in den Garten, um uns die Welpen anzusehen. Frau Hoffmann erzählte mir, dass sie nur noch einen Welpen verkaufen könne. Das war ja auch ok, denn ich wollte ja auch nur einen. Eva berichtete ich erst am Abend von meinem Kauf. Nun war sie sauer und böse, weil ich sie nicht mitgenommen hatte. Noch an diesem Abend vereinbarte ich einen weiteren Termin mit Frau Hoffmann, bei dem auch Eva unseren kleinen Hund einmal kennen lernen sollte. Frau Hoffmann übergab uns Ben mit einigen Verhaltensregeln sowie Futter für zwei Tage.
Ben führte sich prächtig ein, indem er hinter einem Sofa verschwand und hier wohl vor Aufregung sein großes Geschäft hinterließ. Dieses war und blieb bis heute der einzige Fehltritt in dieser Beziehung. Wir hatten ein neues Familienmitglied und unser Lebensrhythmus veränderte sich schlagartig. Eva schlief in der ersten Woche im Wohnzimmer, um sofort reagieren zu können, wenn Ben sich meldete, um sein Geschäft zu tätigen. Nach vier Tagen war Ben stubenrein. Eine wunderbare, schöne und aufregende Zeit lag vor uns, von der wir heute nach über drei Jahren sagen können, dass wir nicht einen einzigen Tag missen möchten. Damit aber noch nicht genug. Ben gehörte schon ein Jahr zur Familie, als Eva von Frau Hoffmann erfuhr, dass sie wieder neue Welpen aus derselben Abstammung hatte. Das brachte Eva auf den Gedanken, mir zu meinem Geburtstag noch einen solch kleinen Racker zu schenken Seit dieser Zeit hat unser Haus einen weiteren Bewohner namens Tom (Gemäß Papier: Champ-Tom) und Ben damit nicht nur einen Bruder sondern auch einen Spielgefährten. Die ersten Tage waren sehr schwierig. Der kleine Tom ließ Ben keine Ruhe und war für Ben einfach nur lästig. Eva war ausgesprochen unglücklich über diesen Zustand und wir befürchteten schon, Tom wieder zurückgeben zu müssen. Aber auf wunderbare Weise waren die beiden nach drei Tagen die besten Freunde und unzertrennlich. Bis zum heutigen Tage hat sich dieser Zustand erhalten. Ben ist heute über drei Jahre und Tom ist zwei Jahre alt. Nicht einen einzigen Tag mit unseren Bouviers möchten wir ungeschehen machen. Die tägliche Spielstunde mit unseren Lieblingen, der Transport in meinen Auto und seinen ach so „kostbaren“ Ledersitzen sowie auch das malträtieren unseres antiseptischen Marmorbodens gehören heute zu unserem Alltag und stören uns nicht im geringstem, sondern werden, ohne das wir uns verbiegen müssten, akzeptiert. Wir können heute sagen, dass alles was wir an Liebe, Zuneigung, Wärme und Freundschaft in unsere Hunde investierten, doppelt und dreifach durch das Verhalten von Ben und Tom zurück erhalten haben. Beide Hunde sind obwohl aus derselben Abstammung sehr unterschiedlich in ihrem Verhalten und Handeln, aber in ihrem charakterlichen Verhalten einwandfrei und jeder auf seine Weise liebenswert. Rassebedingt sind diese Tiere von einer ungewöhnlichen Sensibilität und jederzeit aufnahmebereit für außergewöhnliche Stimmungen und Ereignisse. Der Beweis für diese Behauptung sollte uns schneller attestiert werden als uns lieb war. Eva erhielt nach einer Routineuntersuchung die Diagnose „Brustkrebs“. Diese Botschaft stellte nicht nur unseren Haushalt, sondern auch unser ganzes Leben auf den Kopf. Das Verhalten beider Tiere veränderte sich so signifikant, dass es sogar fremden Menschen auffiel. Es ist einfach unglaublich, mit welcher Sensitivität beide Hunde Eva in dieser Zeit begleiteten. Sobald Eva zum Wochenende aus dem Krankenhaus kam, wurde sie von ihren beiden Beschützern nicht mehr aus den Augen gelassen und ich war abgemeldet. Sie gaben meiner Frau sehr viel Kraft und Trost, auch wenn das für ausstehende Menschen nicht nachvollziehbar sein wird. Die Krankheit ist heute überwunden und das Verhältnis zu unseren beiden Hunden gestaltet sich noch intensiver als vor Evas Erkrankung. Speziell für mich war der Erwerb von Ben und Tom einer meiner besten Investitionen, die auch meine Einstellung zu Hunden radikal verändert hat. Für diese Erfahrung bin ich ausgesprochen dankbar. Geschichte und Copyright Werner Brandenbusch |